Stadt nimmt Rechenzentren an die kurze Leine

DIGITALE INFRASTRUKTUR - Aus Branche kommt Zustimmung für Entwicklungskonzept - CDU drängt zu Eile

Christiane Loizides fordert, endlich ein Konzept für die Flächenbereitstellung für Rechenzentren vorzulegen!

Frankfurter Neue Presse, 12. November 2020 - Angesichts des starken Wachstums will die Stadt künftig den Bau neuer Rechenzentren stärker steuern und die Betreiber an die kurze Leine nehmen. Dafür kommt aus der Branche sogar Zustimmung - aus einem ganz bestimmen Grund.

Mehr als 60 Rechenzentren gibt es in Frankfurt und das Wachstum ist gigantisch. Um mehr als die Hälfte nimmt der Datenverkehr von Firmen untereinander in den Data-Centern derzeit und in den nächsten Jahren in Frankfurt zu. Das prognostiziert der weltgrößte Rechenzentrumsbetreiber Equinix. Das Wachstum ist am Main so massiv wie nirgends sonst in ganz Europa, Afrika und dem Nahen Osten.

Investitionen "in nie dagewesener Höhe"

Auf den riesigen Platzbedarf der Rechenzentren will die Stadt nun reagieren. Im Planungsdezernat von Mike Josef (SPD) wird ein Entwicklungskonzept erarbeitet. So will die Stadt das Wachstum steuern, damit Rechenzentren möglichst verträglich für die Stadtentwicklung entstehen: möglichst in Pulks und ohne, dass sie andere Gewerbebetriebe verdrängen.

Dass es ein ganzheitliches Konzept für die Ansiedlung der Rechenzentren geben soll, findet die Branche "außerordentlich" gut. Das erklärt Frank Zachmann, Vorsitzender des Vereins Digital Hub Frankfurt/Rhein-Main. Im Verein haben sich die Unternehmen der Digitalbranche zusammengeschlossen. Der fordere seit Langem, die Bedeutung der digitalen Infrastrukturen in übergeordneten Planungen stärker zu berücksichtigen und in die städtebauliche Entwicklung zu integrieren, erinnert Zachmann.

Frankfurt habe einen der bedeutendsten Rechenzentrumsstandorte weltweit. Mit dem Entwicklungskonzept könne die Stadt nun Lösungen für den Bedarf an Expansionsflächen für die florierende Digitalbranche ebenso bieten wie innovativen und nachhaltigen Umgang mit Ressourcen gewährleisten, betont der Lobbyist. Es müssten "möglichst schnell verbindliche Bedingungen" geschaffen werden. "Aktuell werden strategische Investitionsentscheidungen in bislang nie dagewesener Höhe getroffen."

Mindestens 350 Millionen Euro investiert die Branche jährlich in der Stadt. "Es liegt an uns, diese weiterhin in unserer Region zu verankern", mahnt der Vereinschef an. Die führende Rolle Frankfurts als globaler Digitalknoten könne nicht bloß verteidigt, sondern weiter ausgebaut werden, wirbt Frank Zachmann.

Lenken, um andere Firmen zu schützen

Zur Eile drängt auch die CDU-Fraktion im Römer ihre Koalitionspartner SPD und Grüne. Ein CDU-Antrag liege auf dem Tisch, erinnert Christiane Loizides. "Vier Monate sind in Stillstand verstrichen", kritisiert die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. "Dabei ist das Thema sehr dringlich, weil diese Branche in Frankfurt dynamisch wächst."

Wichtig sei, dass das Konzept dezernatsübergreifend von den Stadtplanungs-, Wirtschafts- und Umweltressorts erarbeitet werde, findet Loizides. Durch "die lenkende Funktion" könne das Konzept "der unerwünschten Wirkung von Ansiedlungen auf stadträumlich ungeeigneten Gewerbeflächen entgegenwirken".

Der Anstieg der Grundstückspreise in Gewebegebieten durch den starken Flächenbedarf der Rechenzentren stelle für andere Firmen bereits teilweise ein Problem dar. Große Flächen belegen Data-Center besonders im Ostend, in Seckbach, Rödelheim und Sossenheim. Deshalb, fordert Christiane Loizides, solle das Konzept "für alle Orientierung bieten und Planungssicherheit erzeugen".

Von Dennis Pfeiffer-Goldmann